Mein Prozess...

... hat er sich gelohnt? Diese Frage habe ich mir zwischendurch und danach öfter gestellt. Wobei für mich die Berechtigung und die Sinnhaftigkeit der Klage auf Reduzierung meiner Pflichtstunden aufgrund der Korrekturbelastung in meinen Fächern (Deutsch und Französisch) zu Beginn außer Zweifel stand. Schließlich wollte und will ich mit und für die Vereinigung der KorrekturfachlehrerInnen auf juristischem Wege erreichen, dass an maßgeblicher Stelle verbindlich geklärt wird, dass die Korrekturarbeit nicht nebenbei zu erledigen ist und mit einem seriösen Zeitfaktor veranschlagt werden muss.

Erste Zweifel versucht mein damaliger Schulleiter zu säen, als ich ihm Ende 2011 meinen Antrag auf Reduzierung abgebe (in dem sich auch Hinweise auf die zweifelhafte Legitimität des an unserer Schule praktizierten Bandbreitenmodells finden) und erläutere. Warum ich ihm denn Schreibkram aufbürde, der ohnehin zu nichts führe? Ob mir klar sei, dass ich ihn damit instrumentalisiere? Ich versuche, ihm zu erklären, dass wir eine Musterklage führen wollen und er nun einmal am Anfang des einzuhaltenden Dienstweges stehe. Ich wisse, dass er den Antrag gar nicht genehmigen dürfe. Er solle das nicht persönlich nehmen. Er tut es dennoch und streut offenbar zusätzlich die Info, ich hätte gleichzeitig beantragt, das in unserer Schule praktizierte Mini-Bandbreitenmodell abzuschaffen. Was mich bei einigen Kolleg/inn/en nicht beliebter macht. (Einige Monate später wird bei einer Lehrerkonferenz auf seine Initiative hin unser Mini-Bandbreitenmodell abgeschafft, obwohl alle für dessen Beibehaltung stimmen – bei einer Gegenstimme, die seiner Ansicht nach für die Abschaffung ausreicht; die Gegenstimme und die Abschaffung werden zu Unrecht mir zugeschrieben, und ich stehe mal wieder als unkollegial und verantwortungslos da. Mein Hinweis darauf, dass das Ministerium mir die Auskunft gab, es hätte zur Abschaffung schon mindestens einer einfachen Mehrheit bedurft, interessiert keinen, auch nicht den Lehrerrat.)

Die Schulleitung lehnt erwartungsgemäß meinen Antrag auf Reduzierung ab und die Sache geht eine Ebene höher, die Bezirksregierung Arnsberg ist nun damit befasst. Die hat es nicht eilig und muss vom Verwaltungsgericht Arnsberg ermahnt werden, doch nun mal langsam auf die Klageschrift zu reagieren.
Nachdem das geschehen ist, wird eine Erörterung der Klage vor dem Verwaltungsgericht anberaumt, am 18.7.13, dem vorletzten Tag vor den Sommerferien – honi soit qui mal y pense ... Nach einer Vorbesprechung mit dem mich vertretenden Anwalt und Dr. Maria Pohl, die dankenswerterweise extra aus Münster gekommen ist, um mich als Mitglied des Vorstands moralisch zu unterstützen, nehmen wir im leeren Gerichtssaal Platz.
Und vom ersten Moment der Erörterung an fühle ich mich durch die Gesprächsführung der oben sitzenden Richterin nicht mehr als jemand, der eine berechtigte Klage führt, sondern als jemand, der da ein etwas komisches und ein wenig ungebührliches Ansinnen verteidigen muss. So lässt sie sich z. B. über ihr hohes Arbeitspensum aus (was ich nicht in Abrede stellen möchte, nur tut es hier nichts zur Sache), ist längst nicht immer sachlich und fragt mich sogar, ob ich mir denn nicht klar gemacht hätte, dass bei der von uns angestrebten juristischen Klärung unseres Arbeitsumfangs der Schuss auch nach hinten losgehen könne, dergestalt nämlich, dass die Arbeitsnorm für alle hochgesetzt werden könnte. Ich bin froh, dass der Anwalt – wie zuvor von ihm empfohlen – einen Großteil des Gesprächs bestreitet.

Als wir wieder draußen sind, äußert er sich skeptisch zum Ausgang dieser Rechtssache und sagt, es sei durchaus auch von der Courage der einzelnen Verwaltungsrichter abhängig, ob sie tatsächlich Urteile fällen, die den Interessen unseres Dienstherrn zuwiderlaufen. Zu einem Urteil kommt es allerdings hier gar nicht, da wir die Klage zurückziehen, denn zwischenzeitlich ist eine vergleichbare Klage des Kollegen Dr. Chée vom Verwaltungsgericht Minden abgewiesen und auch nicht zur Berufung zugelassen worden. Und hohe Kosten für einen Prozess zu riskieren, der sehr wahrscheinlich auch verloren ginge, können wir uns nicht leisten.

Hat sich das alles also gelohnt? Eindeutig ja! Da von der NRW-Bildungsministerin für unsere Belange nichts zu erwarten ist, und auch nicht von den großen Verbänden, bleibt uns nur der juristische Weg. Auch wenn er mit Misserfolgen gepflastert sein sollte. Und ich persönlich kann mir wenigstens sagen: Ich habe es immerhin versucht. Nicht nur für mich, sondern auch für die gleichfalls korrekturbelasteten Kolleginnen und Kollegen, die sich eine Klage nicht leisten können oder wollen. Gleich den anderen Mitgliedern unserer Vereinigung, die ebenfalls schon Prozesse geführt haben und für ihr Engagement einiges an Nachteilen hinnehmen mussten.

Für mich gilt nach wie vor das Wort von Bertolt Brecht: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Wolfgang Zschocke

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